Tarierung und Trimmung

Optimiere Wasserlage und Luftverbrauch

Geübte Taucher können regungslos an Ort und Stelle frei im Wasser schweben, schwimmen in horizontaler Körperlage und wirbeln kein Sediment auf. Das sieht nicht nur cool aus, sondern hat den geringsten Strömungswiderstand und Luftverbrauch. Finde auch Du deinen Weg zur perfekten Schwerelosigkeit unter Wasser.

Taucher mit schlechter Trimmung. Die schwere 15 Liter Stahlflasche hängt zu tief und verschiebt dadurch den Massenmittelpunkt zu weit nach hinten, wodurch die Füsse absacken. Die kaum aufgeblasene Tarierweste verrät, dass die mitgeführte Menge Blei angemessen ist. Foto: P. Siman

Tarierung

Tarieren bedeutet, dass die Masse und das Volumen eines Tauchers so angepasst werden, dass sich Gewichtskraft und Auftriebskraft gegenseitig aufheben und der Taucher im Ruhezustand auf der gewünschten Tiefe neutral tariert ist. Er schwebt dann quasi schwerelos.

Die mitgeführte Menge Blei neutralisiert dabei hauptsächlich den Auftrieb des Taucheranzuges. Dieser ist aber nicht konstant, sondern verringert sich mit zunehmender Tiefe. Bei Nassanzügen aus Neopren werden die eingeschlossenen Luftbläschen, bei Trockenanzügen der wärmedämmende Unterzieher zusammengedrückt.

Dieser Volumenverlust muss mit dem Tariermittel (Tarierweste, Wing, Trockenanzug) ausgeglichen werden. Manche tarieren hauptsächlich mit der Weste und füllen den Trockenanzug gerade soviel, dass er nicht mehr zwickt. Andere schätzen vor allem in kaltem Wasser die Wärmedämmung des Gases und tarieren vorwiegend mit dem Anzug.

Das Blasenvolumen einer Tarierweste sollte mindestens so bemessen sein, dass das Gewicht der ganzen schweren Ausrüstung (Blei, Backplate, Flaschen, Lampen, Kamera, etc.) unter Wasser kompensiert werden kann. Der Auftrieb des Anzuges sollte nicht dazu gezählt werden, denn in der Tiefe verliert Neopren seinen Auftrieb und ein Trockenanzug kann voll laufen. Der menschliche Körper fällt aus der Rechnung raus, da er je nach Statur die gleiche oder geringere Dichte wie Wasser besitzt – sonst könnte man nicht schwimmen.

Einfacher Test: Lege die Tarierweste mit der gesamten Ausrüstung daran befestigt ins Wasser. Schwimmt sie in aufgeblasenen Zustand, so ist das Volumen gross genug. Schwimmt sie nicht, so ist das Volumen zu klein.

Beispiel: Bei 10 kg Blei, einer Stahlflasche mit 4 kg Abtrieb und zwei Lungenautomaten mit je 1 kg Gewicht sollte die Tarierweste ein Volumen von mindestens 16 Liter aufweisen.

Taucherin mit guter Trimmung. Horizontale, entspannte Schwimmlage. Mit angewinkelten Beinen sind die Flossen weit vom Grund entfernt und können keinen Schaden anrichten.

Tipps für die richtige Tarierung

Tarierung hat viel mit Atmung zu tun. Früher, als es noch keine Tarierwesten gab, wurde ausschliesslich mit der Lunge und mit aktiver Schwimmbewegung tariert.

Anfänger neigen gerne dazu, viel zu viel Blei mitzunehmen, damit sie überhaupt abtauchen können. Oft wird aus Nervosität unbewusst gepaddelt. Jede Bewegung erzeugt Vortriebskraft, welche den Auftrieb vergrössern kann. Darum beim Abstieg Arme und Beine still halten, tief einatmen und gleichzeitig mit dem Entlüften der Tarierweste ausatmen. Das gibt genügend Schwung für das Absinken. Dann den Atem anhalten, bis man genügend abgesunken ist.

Manche Anfänger missbrauchen die Tarierweste gerne als Lift: Luft raus = runter. Luft rein = rauf. Das ist falsch. Eine Tarierweste dient hauptsächlich der neutralen Tarierung. Daher schon während des Abstiegs regelmässig in kurzen Stössen kleine Mengen Luft einblasen und nicht erst bei Erreichen der Zieltiefe alles auf einmal. In kaltem Wasser kann dies zum Einfrieren des Inflators oder der ersten Stufe führen. Beim Aufstieg regelmässig nur soviel Luft ablassen, damit es einen nicht nach oben zieht. Gerade in geringen Tiefen ist eine neutrale Tarierung anspruchsvoll, da bereits ein geringer Unterschied grosse Wirkung zeigt. Eine Tiefenänderung erfolgt in erster Linie mit der Lunge, Körperhaltung und dem Flossenschlag.

Die ungewohnte Umgebung unter Wasser verleitet gerne unbewusst dazu, falsch zu atmen, so dass die Lunge im Ruhezustand immer gefüllt, statt wie über Wasser entspannt ist. Es muss kein Notvorrat an Luft in der Lunge mitgeführt werden. Solange sich der Lungenautomat im Mund befindet, ist der nächste Atemzug nur eine Schlauchlänge entfernt. Atme unter Wasser genauso wie an Land ruhig und entspannt. Richtige Atmung spart 1-2 kg an Blei.

Hat man am Ende des Tauchgangs mit 50 bar Luft in der Flasche trotz leerer Lunge und leerer Tarierweste Mühe beim Sicherheitsstop die Tiefe auf 3 m zu halten, fehlt Blei.

Bleicheck

Die Bestimmung der richtigen Menge Blei ist sehr individuell und hängt hauptsächlich von folgenden Variablen ab:

  • Körperliche Statur des Tauchers
  • Dicke und Beschaffenheit des Anzuges
  • Tarierweste
  • Grösse, Füllmenge und Material der Flasche(n)
  • Zusatzausrüstung (z. B. Tanklampe)
  • Salzgehalt des Wassers

Ändert sich eine dieser Variablen, so muss die Menge Blei angepasst werden. Beispiel: Im Meer mit 3 % Salzgehalt muss auch die Bleimenge um 3 % (bezogen auf das Gesamtgewicht des Tauchers) erhöht werden. Ein Taucher, der mitsamt Ausrüstung 100 kg auf die Waage bringt und im Süsswasser 6 kg Blei benötigt, braucht im Meer mit der gleichen Ausrüstung etwa 3 kg mehr.

Die korrekte Menge Blei kann mit folgenden Checks ermittelt werden:

  1. Tauchgangbeginn: An der Wasseroberfläche, leere Weste, entlüftetem Trockenanzug, vertikale Körperhaltung ohne Bewegung. Bei voll gefüllter Lunge reicht die Wasserlinie etwa bis zur Nase, bei halb gefüllter Lunge bis zu den Augen. Bei leerer Lunge sinkt man langsam ab. Hat man die Bleimenge ermittelt, 2 kg für den Ausgleich des Luftverlustes pro Flasche hinzufügen.
  2. Tauchgangsende: Bei Sicherheitsstopp auf 3 m, Flasche auf 50 Bar, Tarierweste und Trockenanzug leer. Mit halb voller Lunge bleibt man auf Position. Beim Einatmen beginnt man zu steigen.

Der zweite Test ist dabei der wichtigere, damit am Ende eines Tauchgangs in jedem Fall der Sicherheitsstop auch mit 50 Bar und weniger in der Flasche eingehalten werden kann. Wer dann noch Luft in der Weste oder dem Anzug hat, kann noch etwas Blei ablegen. Wer die Tiefe nicht halten kann, braucht noch etwas mehr.

Beispiel: Luft hat auf Meereshöhe bei 20 °C eine Dichte von 1.2 kg/m3. Eine 80 cuft (11.1 Liter) Flasche mit 200 bar gefüllt, enthält 2.66 kg Luft. Am Ende des Tauchgangs bei 50 bar, enthält sie nur noch ein Viertel der Luft, also wird sie um 2 kg leichter.

Warum ist die exakte Bestimmung der Bleimenge wichtig? Ein paar Kilogramm können doch einfach mit der Tarierweste ausgleichen werden. Hiermit wären wir schon beim nächsten Thema:

Links/Mitte: Der Massenmittelpunkt ist zu weit hinten/vorne. Das daraus resultierende Drehmoment zieht die Füsse nach unten/oben. Kompensierung mit Flossenbewegung. Rechts: Idealfall. Mittelpunkt von Masse und Volumen sind deckungsgleich. Der Taucher bleibt horizontal.
Auswirkung der Schwimmlage auf die Grösse des Strömungsprofils und den daraus resultierenden Wasserwiderstand beim Schwimmen.

Trimmung

Als Trimmung (auch Trimm) bezeichnet man die Ausrichtung eines Körpers in die gewünschte Lage. Beim Taucher erreicht man dies durch richtige Positionierung des Auftriebmittels und der Gewichte, so dass im Idealfall der Massenmittelpunkt (Schwerpunkt) deckungsgleich mit dem Volumenmittelpunkt (geometrischer Schwerpunkt) übereinstimmt, so dass eine entspannte, horizontale Schwimmlage möglich ist.

Beim Schwimmen in aufgerichteter Lage entsteht durch die Wasserströmung zusätzlicher Auftrieb. Stoppt die Flossenbewegung, sackt man ab.

Dieses Bild hatte bestimmt schon jeder Taucher an einer beliebten Feriendestination vor sich: Eine Gruppe unerfahrener Taucher radelt mit Händen und Füssen in Seepferdchen-Haltung durchs Riff, einen Vorhang von Luftblasen hinter sich her ziehend. Vorneweg der Guide in horizontaler Lage, gemächlich ein paar Flossenschläge machend.

Die für Anfänger typische Seepferdchen-Haltung ist meist ein Indiz, dass zu viel Blei um die Hüfte hängt und die Tarierweste zu stark aufgeblasen ist. Daraus resultiert ein Drehmoment, welches die Beine nach unten zieht und den Oberkörper aufrichtet. Mittels Flossenbewegung muss dann dem Drehmoment entgegen gewirkt werden. Der Wasserwiderstand in dieser Haltung ist gross, was mit stärkeren Flossenbewegungen und höherem Luftverbrauch quittiert wird. Hört man dann auf zu strampeln, sackt man ab, da nun der durch die Wasserströmung erzeugte zusätzliche Auftrieb fehlt. Es muss dann noch mehr Luft in die Weste geblasen werden, um das auszugleichen. Wenn es wieder weiter geht, steigt man und muss die Luft wieder ablassen. Dieses Beispiel zeigt gut, wie die Optimierung der Trimmung einen positiven Einfluss auf den Luftverbrauch haben kann.

Die ideale, entspannte Haltung unter Wasser ist horizontal mit leicht angewinkelten Knien. Sie reduziert den Strömungswiderstand beim Schwimmen und auch den Luftverbrauch durch geringere Anstrengung. Mit den Flossen etwas über der Körpermitte, wird zudem in der Nähe des Grundes kaum Sediment aufgewirbelt. Diese Haltung eignet sich besonders für den Frogkick, welche erfahrene Taucher gerne anwenden, da er wenig ermüdend und anfällig auf Wadenkrämpfe ist.

Für die Trimmung wird die zuvor ermittelte Menge Blei nicht verändert, sondern ggf. umpositioniert. Folgende Variablen haben einen Einfluss auf die Trimmung:

  • Körperspannung
  • Position des Bleis
  • Länge, Material, Position und Füllgrad der Flasche(n)
  • Anzug
  • Flossen
  • Zusatzausrüstung
Trimmcheck: Neutral tarieren, Arme und Beine ausgestreckt halten und sich nicht bewegen. In welche Richtung kippt man?

Trimmcheck

Neutral tarieren und in horizontaler Lage Arme und Beine entspannt von sich gestreckt halten und sich nicht bewegen, ruhig atmen. Bei einem Trockenanzug diesen vorher von überschüssiger Luft befreien. Sinken die Füsse ab, so ist der Massenmittelpunkt hinter der Volumenmittelpunkt. Dies kann auch ein gutes Indiz für zu viel Blei sein, da sich viel Luft in der Tarierweste befindet.

Steigen Beine und Füsse, so ist der Massenmittelpunkt zu weit vorne. Beine und Füsse sind zu leicht. Bei fast leerer Flasche kann auch ein Indiz für zu wenig Blei sein.

Kippt man zur Seite, so befindet sich der Massenmittelpunkt nicht auf der Körperachse. Entweder ist das Blei ungleichmässig verteilt oder dem Equipment (z. B. Stageflaschen, Akkutank) nicht angepasst. Bei Sidemount mit zwei und mehr Flaschen ist dies ein Indiz für ungleichmässige Abatmung.

Je schneller sich diese Kippbewegung vollzieht, desto weiter ist der Massenmittelpunkt vom Volumenmittelpunkt entfernt. Ist diese Bewegung nur ganz langsam, ist die Trimmung hinreichend optimiert. Diesen Check kann man zu Anfang, in der Mitte und am Ende eines Tauchgangs machen, um unterschiedliche Füllstände der Flasche(n) zu berücksichtigen. Besonders Aluflaschen im Meer ziehen einen gegen Ende des Tauchgangs gerne leicht nach oben.

Positionen von Flasche, Tarierblase und Blei bei unterschiedlichen Konfigurationen. Verändert man diese leicht, hat dies Einfluss auf die Trimmung.

Tipps für die richtige Trimmung

Viele Tarierwesten bieten unterschiedliche Möglichkeiten zur Befestigung von Blei. Fehlen diese, kann man zusätzlich Trimmbleitaschen befestigen. Generell gilt: Blei so nahe am Körper wie möglich tragen. Fussblei sollte als letztes Mittel für die Trimmung betrachtet werden, da nach unten durchhängende Füsse nicht optimal sind. Bereits die Wahl der Flossen und Füsslinge kann die Trimmung verändern.

Auch die Wahl und Positionierung der Flasche(n) hat einen Einfluss. Ist man etwas kopflastig, einmal probieren, die Flasche(n) ein paar Zentimeter weiter unten montieren oder einmal lange statt kurze Flaschen ausprobieren. Natürlich sollten die Flaschenventile noch erreichbar und die Kopffreiheit gewährleistet sein.

Ein Trockenanzug kann mit etwas Geschick auch als Ganzkörper-Trimmung verwendet werden, indem die Luft an die richtige Stelle positioniert wird. Manche verwenden Manschetten (Gator Wraps), welche über dem Trockenanzug um die Schienbeine gelegt werden und so verhindern, dass zu viel Luft in die Beine gelangt.