Tauchtechnik in den 70er Jahren

Wie wurde damals getaucht, als die Taucher Revue erstmals erschien?

Tauchen war früher ein Leistungssport, etwas für hartgesottene, gestandene Kerle, die durch körperliche Fitness den Widrigkeiten der Elemente trotzten. Getaucht wurde anfänglich ohne Tarierhilfe, mit Taucheruhr, Tiefenmesser, Tabelle, nur einem Lungenautomaten und ohne Finimeter. Wichtige Entwicklungen in der Tauchtechnik und zur Tauchsicherheit wurden allmählich eingeführt.

Rettungsweste

Fenzy Rettungsweste
Der legendäre «Schissideggl», die Fenzy Rettungsweste aus leuchtend orangem PVC, hier schon mit einem Faltenschlauch mit Inflatoranschluss. Erste Modelle mussten noch mit dem Mund aufgeblasen werden. Die kleine Flasche sollte im Notfall einen schnellen Aufstieg ermöglichen, lieferte aber bereits ab 40 Metern nicht genügend Luft, um die Weste ganz zu füllen. Bild: Jean­Michel, forum­mdp.com

Das Erscheinungsbild der Tauchers vor 40 Jahren war geprägt von der unverwechselbaren, orangefarbenen Rettungsweste, die um den Hals getragen wurde. In der Schweiz war sie unter dem liebevollen Spitznamen "Schiissideggl" (Klodeckel) allseits bekannt. Anhänger des westenlosen Tauchens nannten sie auch "Rentnerlift", da Tauchen ein Leistungssport war und früher nur mittels Lunge und Flossenbewegung tariert wurde.

Die verbreiteste Marke war Fenzy. Sie hatte ein Fassungsvermögen von 17 Litern. Mittels Faltenschlauch-Inflator wurde sie mit dem Mund zur Tarierung aufgeblasen. Für Notfälle diente eine kleine Pressluftflasche von 0.4 Litern Inhalt. Spätere Modelle besassen ein Ventil mit Anschluss für den Inflatorschlauch.

Cartoon Rettungswesten
Comic von Turi Kammer in der Ausgabe Nr. 4, Juni 1976, «Runter kommen sie immer» von Kurt Amsler: «Es gibt keinen Teil der Ausrüstung, über den so viele Meinungen und Vorstellungen umhergeistern wie über die sogenannte Rettungs­ und Tarierweste.»

In Taucher Revue Nr. 4 vom Juni 1976 beschrieb Kurt Amsler im Artikel "Runter kommen sie immer", dass sich viele Taucher allzusehr auf ihre Rettungsweste verliessen und ihren Bleigurt unter dem Schrittgurt trugen, so dass er nicht abgeworfen werden konnte. Er rechnete vor, dass ab einer Tiefe von 40 Metern diese Flasche nicht mehr genüge, um die Weste ganz zu füllen. Messungen zufolge setzte der Auftrieb aus dieser Tiefe erst nach 20 Sekunden ein. In 50 Metern Tiefe dauert es schon 30 Sekunden, aber erst nach Abstossen vom Grund und mit drei Flossenschlägen. Diese Westen waren somit für ihren Einsatz zur Rettung nur bis zu einer Tiefe von 30 Metern wirksam.

Blei wurde nur soviel mitgenommen, wie auf der Tiefe benötigt wurde, was bedeutete, dass der Abstieg oft kopfvoran mit Flossenschlägen erfolgte. Ein Sicherheitsstopp auf 5 Metern war damals unüblich.

Anfänglich wurde noch die Westenatmung für Notsituationen geschult, doch als sich herausstellte, dass die warme, feuchte Innenseite einer Weste idealer Nährboden für allerlei Bakterien und Pilze ist, war man davon wieder abgekommen.

Flossen

Jetfin Flossen
Werbeslogan aus einer Anzeige von Jack W. Lavanchy aus dem Jahr 1976: «Mit JET FIN sind Sie immer vorne mit dabei!» Und tatsächlich, der Slogan stimmt auch heute noch. Diese Flosse ist immer noch vor allem bei technischen Tauchern äusserst beliebt, wenn auch diese Ausführung als Schnorchelflosse nicht mehr erhältlich ist.

Das nächste was einem auf Fotos von Tauchern aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ins Auge springt: "Die Flossen kenn ich doch!" Tatsächlich, die heute vor allem bei technischen Tauchern beliebten schweren Vollgummiflossen names “Jet Fin” wurden 1965 von Beuchat patentiert und existieren seitdem in praktisch unveränderter Form. Heute werden sie von Scubapro hergestellt und vertrieben.

Viele Hersteller versuchten seiten mit immer neueren Flossen Designs neue Käufer zu gewinnen: futuristisches Aussehen, Transparenz, gespaltene Flossenblätter, Gelenke, Powerrippen, Knicke, Strömungskanäle, usw. "Innovationen" mit Vorteilen fürs Marketing, aber von geringem Nutzen beim Tauchen. Sie konnten all die Jahre den Klassiker nicht verdrängen.

Flaschen

Ventil Reserveschaltung
Bis in die 1980er­Jahre noch üblich: Flaschenventile mit Reserveschaltung (J­Valve), welche die Flasche bei etwa 50 bar Restdruck abriegelte. Mit dem Aufkommen von günstigen und zuverlässigen Finimetern verschwand diese Technik allmählich. Bild: jumpsaildive.com

Tauchflaschen in den 1970er Jahren besassen üblicherweise ein Ventil mit Reserveschaltung. Ein federbelasteter Kolben schloss mit sinkendem Flaschendruck langsam das Ventil. Spürte der Taucher den erhöhten Atemwiderstand, so wusste er, dass nur noch 50 Bar in der Flasche waren, betätigte den Reservehebel und beendete den Tauchgang. Bei Doppelgeräten war üblicherweise nur an einer Flasche eine Reserveschaltung angebracht.

Eigentlich eine clevere Erfindung. Leider war diese nicht sehr zuverlässig, da manchmal Taucher den erhöhten Atemwiderstand nicht bemerkten, die Feder ausgeleiert war, der Kolben in der offenen Position verklemmte oder erst bei weitaus weniger als 50 bar ansprach. Manchmal wurde auch schlichtweg vergessen, nach dem Füllen der Flasche die Reserve wieder in die geschlossene Position zu stellen.

Finimeter waren zu dieser Zeit noch nicht sehr verbreitet, da es insbesondere bei älteren Atemreglern keine Anschlussmöglichkeit für einen Hochdruckschlauch gab.

Bei Doppelgeräten mit zwei Ventilen aber nur einer ersten Stufe an der Brücke kann die vorhandene Luftmenge verlässlich auch ohne Finimeter bestimmt werden: Zu Beginn des Tauchgangs sind beide Flaschen voll, 200 bar. Die Reserveflasche aber bleibt geschlossen und es wird aus der anderen geatmet bis sich der Atemwiderstand erhöht. Durch Öffnen der Reserveflasche gleicht sich das Gas aus. 100 bar, die Hälfte war nun verbraucht. Das Ventil wird wieder geschlossen. Dasselbe Spiel nochmals und es war nur noch ein Viertel übrig, 50 bar. Jetzt war höchste  Zeit zum auftauchen.

Atemregler

Spirotechnique Mistral
Der Zweischlauch-Lungenautomat Mistral von La Spirotechnique. Quelle: Jean-Marc, forum-mdp.com

In den 1970er Jahren hatten zweistufige Atemregler die einstufigen Modelle mit den typischen zwei Faltenschläuchen (z. B. Mistral von La Spirotechnique, heute Aqua Lung) grösstenteils abgelöst. Bei Fotografen und Filmern waren die Zweischlauchregler noch lange beliebt, da die ausgeatmete Luft hinter dem Nacken bei der ersten Stufe entwich und keine Blasen das Sichtfeld störten.

Der grösste Vorteil der zweistufigen Lungenautomaten besteht darin, dass die Anpassung an den Umgebungsdruck in der zweiten Stufe beim Mundstück und nicht bei der Flasche erfolgt und der Atemregler dadurch in jeder Lage den gleichen Atemwiderstand bietet.

Scubapro Mark V
Der Scubapro Mark V ist ein Klassiker der ersten zweistu gen Ein­ schlauchautomaten aus den 1970er­Jahren. Bild: endlessblue.jp

Der Schubapro Mark V war der erste kompensierte zweistufige Atemregler, bei welchem auch bei sinkendem Flaschendruck der Atemwiderstand konstant blieb. Eine weitere Innovation von Scubapro war die Möglichkeit Inflator und Finimeter an der ersten Stufe anzuschliessen.

Es war noch üblich mit nur einem Atemregler zu tauchen. Vermehrte Zwischenfälle mit vereisenden Automaten in kalten Gewässern führten langsam zum Umdenken, dass zwei getrennte Atemregler mit je einer ersten und einer zweiten Stufe zusätzliche Sicherheit bieten.

Dekometer

Dekometer
Der 1959 von der Firma SOS auf den Markt gebrachte Dekometer zeigt auf seiner Skala Dekostufen auf 15, 12, 9 und 6 Meter und 3 Meter sowie die Entsättigung an. Bild: Lothar Seweke, seweke.de

In einigen Berichten aus der Rubrik "Gefahren der Tiefe" aus der tr vor 40 Jahren ist von einem Dekometer zu lesen. Der Dekometer wurde bereits 1959 von der italienischen Firma SOS auf den Markt gebracht.

Aber Computer der damaligen Zeit waren alles andere als tragbar, sondern füllten ganze Schränke, heizten hauptsächlich und rechneten nebenbei ein wenig. Wie funktioniert also ein solcher Dekometer ganz ohne Mikroprozessor oder Transistoren? Verblüffend einfach:

Dekometer demontiert
Ein zerlegter SOS Dekometer zeigt: Er funktionierte ganz ohne Elektronik und Batterien, sondern bestand im Wesentlichen nur aus einem gasgefüllten Beutel, an den mittels einem porösen Keramikfilter ein Druckmesser angeschlossen war. Bild: Lothar Seweke, seweke.de

Ein mit Stickstoff gefüllter Beutel ist via einem porösen Keramikfilter mit einem Manometer verbunden. Unter Druck strömt das Gas durch diesen Filter und soll so die Sättigung des Gewebes simulieren. Je länger oder tiefer man sich unter Wasser aufhält, desto mehr Gas strömt durch und der Druck steigt langsam im Manometer. Sobald der Zeiger den roten Bereich erreicht, müssen beim Auftauchen die angezeigten Dekostops eingelegt werden. Beim Auftauchen strömt das Gas aus dem Manometer langsam wieder zurück in den Beutel. Man verweilt solange auf der angegebenen Dekostufe, bis der Zeiger zum nächsten gewandert ist. An der Oberfläche wird dann die Zeit für die Entsättigung angezeigt. Nach etwa sechs Stunden ist der Zeiger wieder im blauen Bereich und man ist entsättigt.

Dekometer Schnitt
Schematische Zeichnung eines SOS Deko­ meters. Bild: Lothar Seweke, seweke.de

Der Dekometer war umstritten und erhielt oft den Spitznamen "Bend-o-Meter", da bei tiefen und Wiederholungs-Tauchgängen die Dekozeiten teils erheblich von den Tabellen abwichen. Aber der Dekometer funktioniertr dennoch zuverlässig und gestattete erstmals Multilevel-Tauchen.

Später erschienene pneumatisch funktionierende Dekometer konnten durch unterschiedliche Membranen mehrere Gewebe simulieren, funktionierten aber dennoch weder genauer noch zuverlässiger und konnten sich nicht durchsetzen.

Maedels orange
Aus einem Werbeinserat von Freedivers, Elgg: Neopren­Nassanzüge TRENDY Combi doppelt kaschiert für 400 Franken und DE LUXE Jacke mit Haube Long John, einseitig, für 360 Franken – die Preise könnten von heute sein, waren somit für damalige Verhältnisse sehr teuer.

Anzüge

Seit Mitte der 1950er Jahre haben Taucheranzüge aus geschäumten Chloropren-Kautschuck (bekannt unter dem Markennamen Neopren) die damals üblichen Anzüge aus Gummi ersetzt. Sporttaucher tauchten damals vorwiegend nass - auch im Winter. Trockentauchanzüge gab es zwar schon, doch kosteten damals schon um die 1000 Franken und waren somit für Normalverdienende selten erschwinglich.